Sie zeigte Marco den Weg zu einem der Nester. Er sah, dass sich einige Wasserkinder hineinkuschelten. Kacheba stellte vor: „Das sind die Kinder meines Bruders. Mach es dir bequem!“, und Marco lächelte sie ein wenig verlegen an. Die Kinder kicherten leise und machten dann bereitwillig Platz für den sonderbaren Gast.

Marco schlief dort tief und fest, und am frühen Morgen setzte er sich zusammen mit neun Männern und Frauen in ein großes Boot, das aus drei ausgehöhlten Baumstämmen gefertigt war: Vorne waren zwei große, mit Holzstreben verbundene Stämme, in denen er mit Kacheba und den anderen Wassermenschen saß, und hinten in der Mitte befand sich ein kleiner Holzstamm.

Sein eigenes Boot konnte Marco nun nicht mitnehmen. Daher schenkte er es den Kindern von Kachebas Bruder, die sich freuten, nun ein eigenes Boot zu haben. Die Wasserkinder standen und saßen am Rand der großen Höhle und winkten mit beiden Armen, als das Boot unter der Anweisung von Kacheba ins Sonnenlicht gesteuert wurde.

Sie ruderten mit einer unglaublichen Geschwindigkeit durch die Wellen, immer in die Richtung, die Kacheba ihnen nannte. Marco sah sich um, er wollte Takhiri still Lebewohl sagen. Aber die geheimnisvolle Insel war schon gar nicht mehr zu sehen: Nur ein Flimmern verriet, wo die roten Felsen mit den Fadenbäumen sein könnten.

Die Wassermenschen ruderten unermüdlich, sie hatten eine unglaubliche Ausdauer und Kraft. Kacheba reichte jedem im Boot von Zeit zu Zeit von den seltsamen Früchten, die Marco schon in der Höhle kosten konnte. Zum Schutz vor der Sonne hatten sich die Wassermenschen feuchte Lappen aus Tang um die Schultern gelegt.

Zuerst war Marco richtig fröhlich bei dem Gedanken, bald wieder bei seinen Eltern zu sein. Mehr und mehr schien ihm die Fahrt jedoch unendlich lange zu dauern. Er fragte Kacheba. „Wann kommen wir auf Guchikla an?“ Sie erwiderte: „Das weiß ich nicht. Niemand von uns hat jemals eine andere Insel als Takhiri gesehen!“

„Es wird bald wieder dunkel, wie sollen wir dann den Weg finden?“, fragte Marco. Er bemerkte plötzlich ein verstecktes Lächeln in Kachebas Gesicht: „Du wirst es sehen, mach dir keine Sorgen! Iss jetzt lieber etwas, du wirst Hunger haben“. Sie reichte ihm eine Art grünlichen, in Blätter gewickelten festen Kloß. Marco zögerte, er traute sich nicht zu fragen, was das sein sollte, und probierte statt dessen vorsichtig ein Stückchen. Es schmeckte äußerst merkwürdig, aber irgendwie interessant: wie eine Mischung aus Gemüse und Fisch. Jedenfalls war er bald satt.

Von einem Moment zum anderen ging die Sonne unter. Sie schien wie ein großer, roter Feuerball hinab in das Meer zu tauchen. Es wurde sehr schnell dunkel.


Marco bemerkte, wie Kacheba besorgt in den klaren Sternenhimmel sah. „Wir sind ein wenig vom Weg abgekommen. Wir müssen uns beeilen, damit wir nicht zu lange unterwegs sind. In der Nacht sollten wir in der gleichen Geschwindigkeit vorwärts kommen wie am Tag“, sagte sie. Marco meinte unruhig: „Aber das schaffen wir doch nicht, die Leute müssen doch einmal ausruhen!“ Kacheba sagte nichts, sondern wandte sich mit einigen blubbernden Lauten an eine der Frauen. Diese nahm eine Art Horn aus ihrem Tuch, das sie wie einen Gürtel um die Taille trug, und setzte es an den Mund. Es ertönte ein tiefer, lang gezogener, hohler Ton. Dann eine kurze Pause, bis die Frau wieder einen langen, durchdringenden Ton abgab. Marco bekam eine Gänsehaut, so unheimlich kam ihm dieser Klang vor.

Er fragte sich noch, wozu diese Töne sein sollten, als er plötzlich ein Geräusch unmittelbar neben sich bemerkte. Er drehte sich um und blickte plötzlich in ein riesiges Auge. Vor Schreck sprang er auf, stolperte und fiel rücklings aus dem Dreibaum-Boot ins Wasser. Er ruderte wild mit den Armen, aber da spürte er schon, wie ihm zwei Wassermenschen unter die Arme griffen und ihn aus dem Wasser zogen.

Kacheba half ihm ins Boot und legte ihm eine Art Decke aus Tang und Moos um die Schultern: „Du frierst ja immer so schnell. Setz' dich wieder hin, und hol tief Luft.“ Marco war dankbar. Es war gut, dass Kachebas Leute im Wasser so flink waren - sonst hätten sie ihn sofort verloren, als er bei der schnellen Fahrt ins dunkle Wasser fiel.

 

Kacheba wollte wissen „Wie ist denn das passiert?“
Marco sagte unsicher „Ich dachte, ich hätte plötzlich in das Auge eines großen Tieres gesehen...“. Kacheba fing an, glucksend zu lachen: „Ich hätte dir vielleicht besser etwas erklären sollen...“