Die kleine Maria lebte mit ihrem Vater in einem Häuschen am Rande des Waldes. Papa hatte ihr oft gesagt, dass sie nicht alleine in den Wald gehen solle, weil es dort sehr gefährlich sei, dass manchmal Menschen dort hineingehen und nie mehr zurückkommen.

Morgen aber nun hatte ihr Vater Geburtstag, und Maria wollte ihm etwas Hübsches aus bunten Steinen, Rinden und Flechten schenken. Und so kam es, dass sie ganz allein in den großen Wald ging. Sie fand schöne Steine und Flechten, die man gut zum Basteln nehmen konnte, und sie ging immer tiefer in den Wald, um noch schönere zu suchen.

Plötzlich fand sie sich auf einer großen Lichtung wieder. Hier war eine große Wiese, aber alles sah so anders aus als auf der Wiese in ihrem Dorf. Das Gras leuchtete lila, und darin waren viele schöne Blüten. - Aber nein, das waren ja gar keine Blüten, sondern große, bunte, Schmetterlinge, die den Nektar der Blumen in der lila Wiese tranken! Im Gras sprangen zwei kleine Kaninchen herum. Sie waren so klein wie Mäuschen, und eines hatte blaues und das andere grünes seidiges Fell.

Selbst die Sonne war hier ganz anders, sie leuchtete in einem warmen Orange, und ein silberner Schimmer rieselte auf die Erde hinab.

Noch bevor Maria Ihren Mund schließen konnte, der vor Staunen weit offen stand, hörte sie eine helle Stimme, die sanft fragte: „Hallo, kleine Maria, sicher wirst du hungrig sein, möchtest du nicht zu einem leckeren Mahl Platz nehmen?“ Maria drehte sich verwundert um und sah eine kleine, durchsichtige Fee in einem schimmernden, silbernen Kleid und mit durchsichtigen, zarten Flügeln, die über der Wiese schwebte.

Das winzige Wesen zeigte auf einen silbernen Bach ganz in ihrer Nähe, der ruhig plätschernd seinen Weg mitten durch die Wiese zog. In der Mitte des Baches war eine kleine Insel, die über und über mit den schönsten Schmetterlingen bedeckt war.

Auf der Insel stand ein zierlicher, runder Tisch mit glänzendem Geschirr: Ein Teller mit roten Nudeln und gelber Sauce und ein dreieckiges Glas mit grünem Saft und blauen Streifen darin. Maria war fasziniert, sprang mit einem Satz auf das Inselchen und hockte sich vor den Tisch. Vorsichtig kostete sie von den seltsamen Speisen, die die Fee ihr freundlich anbot. Alles schmeckte so sonderbar, aber einfach himmlisch gut, so dass der Teller schon bald leer war.


Plötzlich fiel Maria ein, weshalb sie in den Wald gegangen war, und sie sagte zu der Fee, die ihr lächelnd beim Essen zugeschaut hatte: „Mein Papa! Ich möchte gehen und ihn hierher holen! Hier ist alles so schön!“ Die Fee aber erwiderte: „Nein Maria, das geht leider nicht.“ - „Aber warum?“, fragte Maria. Da antwortete die Fee: „Weil sonst viele Menschen hierher kommen möchten, die dann das schöne Gras zertreten, die das Schimmern der Sonne gar nicht richtig genießen, aber die blauen und grünen Kaninchen mit nach Hause nehmen würden, weil es all das in ihrer Welt nicht gibt. Und darum gilt: Wer von hier weggeht, wird von all dem, was er hier gesehen hat, denken, es sei ein wunderbarer Traum gewesen. Das ist nur zum Schutz des Zauberwaldes.”

Maria war sehr traurig: „Ich möchte im Zauberwald bleiben - und ich möchte Papa hier haben. Warum geht das nicht?"

Da erwachte Maria, und sie lag in ihrem Zimmer zu Hause auf dem großen Bett, über ihr die Lampe, auf deren bunten Schirm die vielen kleinen Schmetterlinge gemalt waren - und nebenan hörte sie ihren Papa schnarchen!

 

„Hier bin ich! “ dachte Maria. „Ich hab‘ alles nur geträumt, und heute hat der Papa Geburtstag! Da bringe ich ihm das Frühstück ans Bett - und erzähle ihm die Geschichte vom Zauberwald!"