Marco machte mit seinen Eltern Urlaub. Sonst fuhren sie meist zu Verwandten in den Bergen, wo sie jeden Tag eine andere Tante oder einen anderen Onkel besuchen mussten. Puh - war das langweilig! Oder sie fuhren mit dem Auto an die Küste, da war es zwar sehr schön, aber oft kalt und windig.

Dieses Jahr sagte Papa, hätten sie etwas Besonderes verdient: Sie flogen mit einem großen Flugzeug in den Süden auf eine exotische Insel, weit, weit weg von zu Hause.

Kurze Zeit nachdem sie aus dem Flugzeug stiegen, sahen sie schon eine weitere, kleinere Insel. Sie gelangten mit einem alten Schiff dorthin, das einmal am Tag Menschen mit Körben voller Früchte, Käfigen mit Hühnern und vielen anderen Waren mitnahm.

Anders als zu Hause war es auf der schönen kleinen Insel immer warm. Ein leichter, sanfter Wind wehte durch hohe Palmen, die in dem weißen Sand zwischen den einzelnen Felsen wuchsen.

Hier gab es nie Langeweile: Den ganzen Tag baute Marco Sandburgen oder auch Städte aus Sand. Oder er tauchte mit seiner Taucherbrille an den Felsen entlang, wo sich seltsame, bunte Fische zwischen farbigen Korallen vor ihm verstecken wollten.

Papa fuhr manchmal zusammen mit ihm in einem kleinen Paddelboot um die ganze Insel herum.

Manchmal paddelte Marco alleine, während seine Eltern am Strand in ihren Büchern schmökerten. Heute fuhr er ein wenig weiter auf das Meer hinaus, legte sich flach auf den Rücken ins Boot und genoss das sanfte Schaukeln auf den Wellen, die warme Sonne, die ihm ins Gesicht schien.

Nach einer Weile richtete er sich wieder auf. Oh je, er war schon weit aus der Bucht heraus getrieben. Mama und Papa konnte er nur noch als winzige Punkte unter den Palmen erkennen.

Er merkte, dass die Strömung ihn vom Ufer wegzog und rief so laut er konnte: „Mamaaa!! Papaaa!!“, aber seine Stimme schien ganz einfach vom Wind verschluckt zu werden. Niemand hörte ihn, niemand kam ihm zu Hilfe.

Verzweifelt versuchte Marco mit Leibeskräften, in die Bucht zu den Eltern zurück zu rudern, aber die Strömung hier draußen war viel zu stark für ihn. So wurde er immer weiter fortgetrieben, während seine Eltern nichts ahnend im Schatten der Palmen ruhten.

 

Anfangs versuchte Marco noch, gegen die Wellen anzukämpfen.
Aber schon bald verließen ihn seine Kräfte.

„Was soll ich nur tun?“, fragte er sich matt, und kauerte sich weinend auf den Boden des kleinen
Bootes.

Stunden vergingen, schließlich wurde es Nacht, Marco fror fürchterlich, außerdem war er hungrig und durstig.

Er war beunruhigt durch die ungewohnten Geräusche, die aus dem Dunkel kamen, aber irgendwann fiel Marco in einen unruhigen Schlaf.

Als er erwachte, war es wieder hell. Er bemerkte sofort, dass das Schaukeln aufgehört hatte. Marco schaute vorsichtig über den Rand des Bootes. War er froh: Er war wieder an den Strand getrieben worden!

 

Nur - auf welcher Seite der Insel befand er sich?
Alles sah so fremd aus, kannte er doch von seinen Ausflügen mit seinem Vater jede Bucht und jeden Hügel an der Küste der kleinen Insel.

Hier aber umrahmten rote Felsen einen breiten, schwarzen Sandstrand. Überall gab es seltsame Bäume, deren Blätter wie lange, silbrige Fäden zum Boden herabhingen.

 

Große, bunte, Papageien mit langen, gelb-grünen Schnäbeln saßen darin und machten ziemlich viel Krach. Solch eine Bucht hatte er noch nie gesehen.

„Bin ich vielleicht auf einer anderen Insel gestrandet?“, fragte er sich. Das konnte nicht sein. Außer der kleinen Insel, auf der er mit Papa und Mama im Urlaub war und der Insel, auf der sich der Flughafen befand, sollte es hier weit und breit keine andere Insel geben.

„Vielleicht kann ich ja mehr erkennen, wenn ich aus der Bucht klettere“, dachte er.


Mühsam zog Marco das Boot auf den Sand und band es vorsichtshalber auch noch an einem nahen Felsen fest. Dann suchte er nach einem Fußweg aus dieser Bucht hinaus. Er musste bald feststellen, dass rund um die Bucht ein undurchdringliches, stacheliges Dickicht wuchs. „Aber irgendwie muss es doch einen Weg geben“, dachte Marco.

Er schob das Boot wieder ins Wasser und paddelte vorsichtig um die nächste Landzunge herum. Diesmal gab er Acht, dass er nicht wieder zu weit auf das Meer hinaus geriet.

In der nächsten Bucht waren weder Strand noch Pflanzen. Es gab nur hohe, steile Felsen zu sehen, an denen sich die Wellen brachen. Nur an einer Stelle hinter einem großen Felsbrocken schien das Wasser etwas ruhiger zu sein.

Neugierig steuerte Marco um diesen Felsen herum und erblickte eine kleine Höhle in der Felswand. „Das hilft mir auch nicht“, stellte Marco fest und wollte wieder aus der Bucht heraus rudern.

Da sah er einen hellen Schimmer auf dem Wasser in der Höhle. Vorsichtig paddelte er hinein. Hier war das Wasser sehr ruhig, es gab kaum Wellen.