Das Geisterboot

Zögernd folgte Rainer den Kindern hinter das Schlösschen. Als die Kinder Bu-Hu wie verabredet über der Bank schweben sahen, waren sie erleichtert. „Hallo!“, rief Mario, „Bu-Hu, dies ist Rainer, Rainer, das ist Bu-Hu!“

„Na fein“, sagte dieser und schaute sich um. Außer ihnen war niemand in der Nähe. „Ihr könnt mir ja viel erzählen! Aber das habt ihr euch nett ausgedacht!“ Lachend wollte er Richtung Restaurant gehen. Aber Mario rief „Nein, Rainer, du musst uns das glauben!“ - „Gerne, aber bitte - da ist doch nichts!“, meinte Rainer.

„Bu-Hu, bitte zeige etwas, das Rainer sehen kann. Vielleicht kannst du mit dem Schlauch da die Blumen gießen?“, schlug Julien vor.

„Geeerne!“, rief Bu-Hu, schwebte zum Wasserhahn und drehte ihn auf. Dann nahm Bu-Hu den Schlauch und fing an, die Geranien neben dem Schlösschen zu gießen.

Rainer schaute vom Schlauch zu den Kindern, von den Kindern zum Schlauch, der sich über den Blumen hin- und herbewegte: „Was – was habt ihr vor?“, fragte er.

Gerade als er hinübergehen wollte, rief Bu-Hu: „Das macht Spaaaaß, suuuuper!“ Dabei drehte er sich um, und schon spritze das Wasser in alle Richtungen.

Die Kinder duckten sich und Rainer hüpfte von einem Bein auf das andere, um nicht vom Wasserstrahl getroffen zu werden. „Hey, Stopp!“, rief er, und drehte den Hahn zu.

„Verflixt, wie kann das sein?“, überlegte er laut als er verunsichert den Schlauch wieder zusammenrollte.

 

„Bu-Hu, bitte rudere mit dem Boot zum Steg!“, sagte Mario, und schon glitt das Boot ins Wasser.

Rainer sagte leise: „Es kann nicht sein – die Ruder bewegen sich wie von Geisterhand! Jungs, langsam glaube ich euch!“ - „Wieso wie von Geisterhand?“, witzelte Julien.

Rainer ging nicht darauf ein, sondern bat „Bitte sagt mir nun noch, was genau ihr sehen könnt!“ - „Na, da rudert ein Kind ein Boot. Es ist so groß wie wir und grinst uns an, ist etwas blass und sieht aus als habe es ein durchsichtiges Tuch übergeworfen. Wie ein Gespenst eben aussieht“, sagte Julien trocken.

„Das kann ja alles nicht wahr sein, aber wo wir gerade so schön dabei sind, bittet doch euer Gespensterkind, das Boot um das Haus herum nach vorne zur Terrasse zu steuern“, bat Rainer.

"Und vielleicht kann sich euer Freund ja drinnen demnächst etwas nützlich machen!", meinte er lächelnd und stupste Mario mit dem Ellbogen leicht in die Seite.

Die Kinder freuten sich, und Mario hob seine Hand und rief „Gib mir fünf!“, worauf Julien mit seiner Hand in die Handfläche von Mario klatschte. „Es läuft gut, und Rainer möchte, dass du ihm im Restaurant hilfst“, riefen sie Bu-Hu zu und baten ihn, zur Terrasse zu rudern. Sie hörten sein Kichern, als das Boot auch schon hinter dem Restaurant verschwand.

Schnell war das Boot wieder angebunden. „Bu-Hu, wir sollten längst zu Hause sein, es gibt bestimmt schon einen Riesenärger!“ Bu-Hu meinte fröhlich: „Geht nur, ich komme klar!“ - „Also Tschüß, Bu-Hu, wir treffen uns Freitag Abend wieder hier! Bitte erscheine so früh du kannst, wir bringen die anderen mit!“

Magische Kerzen

Am nächsten Freitag wunderten sich einige Eltern, warum die Kinder so viele Fragen zu den Hausaufgaben hatten. Sonst riefen sie die Schulkameraden eher selten deswegen an. Noch seltsamer war, dass kurz nach dem Abendessen alle Kinder schnell verschwanden. „Ich bin eben bei Julien! Bin gleich wieder da!“, rief Mario. – „Mutti, ich fahr schnell zu Mario!“, erklärte Björn. „Paps, Björn und ich sind eben am Spielplatz!“, sagte Alina. Und so verschwanden alle Kinder unauffällig von zu Hause.

Am See trudelte dann auch ein Kind nach dem anderen an der Bank hinter dem Schlösschen ein.

„Wo bleibt nur Bu-Hu?“, fragte Chantal besorgt. „Hallihallo“, klang die fröhliche Stimme von Bu-Hu. Und ssst... fegte er über die Köpfe der Kinder zu der Bank.

„Ich hatte soooo viel zu tun!“, erklärte er begeistert. „Was war denn?“, fragte Alina. „Herrlich war es!“, Bu-Hu strahlte noch heller als gestern. „Erst war da ein Mann mit einem Riesen-Hund. Rainer brachte ihm ein Steak. Der Mann fragte nach Pfeffer und schwups... stand die Pfeffermühle da, als Rainer noch am Tisch stand. Das Gesicht von dem Mann hättet ihr sehen müssen! Herrlich!“ Bu-Hu konnte vor Kichern kaum noch erzählen. „Und dann?“, fragte Tobias? „Na, Rainer, sagte nur ‚da steht doch dein Pfeffer, Stephan!’ und verzog keine Miene.“

„Danach war Michael am Zigarettenautomat. Er warf Geld ein und drückt auf eine Taste. Aber ich war schneller und habe eine andere Sorte gewählt! Michael guckte nach links und nach rechts, rieb sich die Stirn, und ging kopfschüttelnd ins Restaurant zurück! Rainer fragte Michael, seit wann er Mentholzigaretten rauche. Er sah aus als müsse er platzen vor Lachen!"

„Und dann war da eine größere Gruppe. Renato nahm noch die Bestellungen auf, als eine Dame meinte, man könne doch die Kerzen anzünden. Renato sagte ‚wird gleich gemacht, Signorina’, und als er die Bestellung zur Küche brachte, hab ich die Kerzen zup-zup-zup angezündet, hi-hi! Renato kam mit dem Feuerzeug in der Hand zurück und wirkte ganz erstaunt, hat aber nichts gesagt."

„Das kann ich mir gut vorstellen!“, lachte Julien.

„Und die unfreundliche Frau hättet Ihr sehen sollen!“, sprudelte es weiter aus Bu-Hu hervor, „Renato konnte ihr wirklich gar nichts recht machen, einfach nur schnippisch...! Als sie das Geld zum Zahlen aufs Tablett legte, habe ich schnell noch ein Scheinchen aus ihrer Geldbörse dazugemogelt!“ – „Aber Bu-Hu, das tut man doch nicht!“, warf Chantal ein.

„Na ja, sie war so gemein zu Renato..., und sie hat es nicht einmal gemerkt, sagte 'es stimmt so'", kicherte Bu-Hu. Renato wusste gar nicht wie ihm geschah, als er das großzügige Trinkgeld sah!“

 

„Ach, Bu-Hu, das ist richtig spannend! Zu schade, dass ich schon wieder nach Hause muss!“, seufzte Chantal, das jüngste der Kinder. „Wir können uns ja morgen wieder hier treffen“, schlug Björn vor. Ein paar Kinder hatten noch Tipps für neue Streiche. Dann  verabschiedete sich die Bande von Bu-Hu. „Bis morgen!“, rief Bu-Hu ihnen fröhlich hinterher und schwebte zurück an seinen heimlichen Platz im Schlösschen.