Nun bin ich wieder alleine, dachte Markus. Und der Höhlenausgang führt aufs Meer hinaus. „Folge deiner Eingebung“ hatte der Piratengeist gesagt.

Markus setzte sich auf einen Fels, der aus dem Wasser der Bucht ragte. Gedankenverloren baute er darauf einen Turm aus mehreren Steinen. „Aber klar doch! Fido!“, fiel ihm ein. Ihn lockte er oft an, indem er unter Wasser mit einem Stein rhythmisch auf den Fels klopfte.

Markus nahm einen der Steine und legte sich bäuchlings auf den Fels. Er klopfte den gleichen Rhythmus wie sonst auch, wenn er mit Fido spielen wollte.

Es verging eine ganze Weile, und Markus wollte schon aufgeben, als er das fröhliche Schnattern des Delphins hörte.

Er lief ins Wasser und schlang glücklich seine Arme um Fido.
„Du musst mich von hier wegbringen, bitte Fido“, sagte er.

Der Delphin drehte übermütig eine Runde durch die kleine Bucht, um dann vor Markus inne zu halten. Dieser streifte sich die wertvolle Krone über den Arm, hielt sich mit beiden Händen an Fidos Flosse fest, und schon zog der Delphin Markus durch das Wasser.

Markus hatte große Angst, obwohl er schon schwimmen konnte, aber Fido bewegte sich immer durch ruhiges Wasser und mied Strudel und Wellenkämme.

So kamen sie zu der Bucht, an der das kleine Dorf lag. Der alte Pedro hatte das seltsame Gespann schon von Weitem gesehen und sofort alle Dorfbewohner zusammen gerufen.

Als das Wasser nur noch so tief war, dass er stehen konnte, bedankte sich Markus bei Fido und rieb dessen Nase: „Ohne dich wäre ich aus der Höhle nicht herausgekommen. Ich bringe dir morgen einen großen Eimer leckere Fische hierher, ja?“
Fido tanzte daraufhin durchs Wasser als wolle er nicken, machte noch einen großen Sprung durch die Luft und verschwand in den Wellen.

Als Markus an Land watete, liefen überall Menschen aufgeregt am Ufer entlang, allen voran Markus Eltern.

„Wir haben dich überall gesucht, was ist passiert?“, fragte Markus Mutter, als sie ihn glücklich in die Arme schloss.

Während Markus kurz erzählte wo er war, hängte Pedro dem triefnassen Jungen eine warme Decke um: „Jetzt sieh’ erst einmal zu, dass du keine Erkältung bekommst!“, sagte er. „Geht nach Hause und erholt euch von dem Schreck“. – „Danke Pedro, wir kommen dann heute Abend zu dir rüber und besprechen alles!“, erwiderte Markus erschöpft und ging mit seinen Eltern nach Hause.

Abends, als sie dann an dem alten Holztisch bei Pedro saßen, erzählte er alles ganz genau so, wie es sich zugetragen hatte. Von der dunklen Tropfsteinhöhle, von der Truhe, von dem Piratengeist, und wie Fido ihm zu Hilfe kam. Pedro unterbrach ihn kein einziges Mal, fragte nur manchmal neugierig nach. Wenn einer der Eltern Markus fragend unterbrach, legte er seinen Finger auf den Mund uns sagt nur leise ‚Schhh…„.

Als Markus mit seiner Schilderung zu Ende war, sagte sein Vater „Ehrlich gesagt kann ich all das nicht glauben. Es gibt keine Geister. Die Krone, die du uns gezeigt hast, scheint wirklich sehr alt und wertvoll zu sein, aber Geister in Truhen..... Du hast sicherlich große Angst gehabt, da ist es verständlich, wenn man sich etwas einbildet". Markus Mutter nickte zustimmend.

Markus konnte nicht fassen, dass seine Eltern ihm nicht glauben wollten. Aber Pedro sagte leise „Markus, ich glaube dir. Den meisten Menschen fällt es sehr schwer, sich etwas vorzustellen, was sie selbst nie erlebt haben, dazu fehlt heute vielen die Fantasie. Aber du musst sie verstehen, lass sie einfach!“

Also sprach Markus seitdem nur noch mit Pedro und Fido über den Piratengeist – die versprochenen Fische hatte er dem Delphin natürlich gleich am nächsten Tag gebracht.

Es kamen Experten, um die edle Krone anzusehen. In die Tropfsteinhöhle wurde eine Expedition unternommen, um sie zu erforschen und die Truhe zu bergen. Die Krone durfte Markus behalten, mit dem restlichen Schatz aber sollte ein Museum in der Höhle eröffnet werden. Nun konnte das Dorf eine echte Attraktion vorzeigen: Aus der ganzen Welt reisten Menschen an, um die größte Ausstellung des weltweit ältesten Piratenschatzes in der Riesen-Tropfsteinhöhle zu sehen.

Was den Piratengeist anging glaubten Markus Eltern nach wie vor nur eines: Dass ihr Sohn eine blühende Fantasie hat.

„Aber die Idee ist gut!“, stellte seine Mutter fest. Sie schrieb manchmal Bücher mit Geschichten für Kinder. „Ich denke, ich werde diese abenteuerliche Erzählung in einem Buch veröffentlichen. Vielleicht hilfst du mir dabei, was meinst du?“,  fragte sie Markus.

Dieser durfte sogar ein Bild für die Titelseite des Buches entwerfen, und er malte den Geist in Piratenform mit seiner Truhe so gut er nur konnte.

Das Buch wurde ein großer Erfolg. Markus fragte sich, ob der Geist es vielleicht irgendwo entdecken würde. Oder er erlebt sogar die Gedanken eines Menschen, der die Geschichte gerade liest.

 

Wer weiß?